Die Kennzeichnung „natürliches Aroma“ – Nennung des Ausgangsstoffes

  • Bei einem als „natürliches Aroma“ bezeichneten Produkt stammen die Aromabestandteile aus einem oder verschiedenen Ausgangsstoffen, wobei zwischen den verwendeten Ausgangsstoffen und dem wahrgenommenen Geschmack des Aromas keine Korrelation hergestellt werden kann. Eine Nennung der Ausgangsstoffe ist nur erforderlich, wenn diese sensorisch leicht erkennbar sind.
  • Die Regelungen der EG-Aromenverordnung zur Kennzeichnung der Natürlichkeit dienen in erster Linie dem Schutz des Verbrauchers vor Irreführung. Folglich ist die Referenz für die leichte Erkennbarkeit des Geschmacks eines Aromas die Wahrnehmung des Verbrauchers.

Die Kennzeichnung „natürliches Aroma“ in der Zutatenliste von Endlebensmitteln führt häufig zu Verständnisfragen. Unter anderem werden diese durch entsprechende Interpretationen der gesetzlichen Vorgaben seitens Verbraucherzeitschriften und der sie beratenden privaten Handelslabore hervorgerufen.

Nachfolgend werden die Voraussetzungen der Angabe „natürliches Aroma“ auf Basis der entsprechenden Rechtsgrundlage (hier insbesondere Artikel 16 (5) und Artikel 16 (6) in Verbindung mit Erwägungsgrund 26 der EG-Aromenverordnung Nr. 1334/2008) erläutert.

Der europäische Gesetzgeber sieht die Angabe „natürliches Aroma“ im Fall einer fehlenden Korrelation zwischen den verwendeten Ausgangsstoffen und dem wahrgenommenen Aroma oder Geschmack vor. Im Einzelnen gilt Folgendes:

  • Gemäß Erwägungsgrund 26 sollten die Ausgangsstoffe der Aromen angegeben werden, es sei denn, die genannten Ausgangsstoffe sind im Aroma oder Geschmack des Lebensmittels nicht erkennbar.
  • Artikel 16 (5) der EG-Aromenverordnung besagt, dass die Kennzeichnung „natürliches ‚Lebensmittel bzw. Lebensmittelkategorie bzw. Ausgangsstoff(e)‘-Aroma mit anderen natürlichen Aromen“ nur verwendet werden darf, wenn der Aromabestandteil zum Teil aus dem in Bezug genommenen Ausgangsstoff stammt und das Aroma aus dem namensgebenden Ausgangsstoff leicht erkennbar ist.

In der englischen Originalversion der EG-Aromenverordnung wird von der leichten Erkennbarkeit des „flavour“ gesprochen. Die Bezeichnung „flavour“ steht im britischen Englisch für den Geschmack (siehe Cambridge Dictionary: „how food or drink tastes, or a particular taste itself“) in Abgrenzung zum Begriff „flavouring„, unter dem das stoffliche Aroma als solches zu verstehen ist (siehe auch Definition „flavouring“ in Artikel 3 (2) a)). Diese Abgrenzung wird auch in der französischen Version der EG-Aromenverordnung umgesetzt. Im Erwägungsgrund 26 wird bei den Erläuterungen zu Artikel 16 (5) statt des Wortes „arôme“ das Wort „flaveur“ (Geschmack) verwendet. Folglich ist hier die sensorische Erkennbarkeit des Aromabestandteils gemeint.

In Erwägungsgrund 26 wird als Beispiel für die Kennzeichnung nach Artikel 16 (5) Kakaoextrakt aufgeführt, dem zur Verleihung einer Bananennote andere natürliche Aromen zugesetzt wurden. D.h. der Verbraucher soll darüber informiert werden, dass der von ihm wahrgenommene Kakaogeschmack aus Kakao stammt, während der ebenfalls wahrgenommene Bananengeschmack durch den Zusatz weiterer natürlicher Aromen hervorgerufen wird, die jedoch nicht aus der Banane stammen.

  • Die Kennzeichnung „natürliches Aroma“ darf gemäß Artikel 16 (6) nur verwendet werden, wenn der Aromabestandteil aus verschiedenen Ausgangsstoffen stammt und wenn eine Nennung der Ausgangsstoffe ihr Aroma oder ihren Geschmack nicht zutreffend beschreiben würde. Das Arbeitsdokument der Kommission (WGF 13.01.02 rev5.3) „Questions and Answers on Labelling of Flavourings in Food Products for Consumers“ stellt klar, dass bei einem natürlichen Aroma, welches aus einem einzelnen Ausgangsstoff gewonnen wurde, das gleiche Prinzip anzuwenden ist. In der englischen Originalversion der EG-Aromenverordnung wird wieder von der leichten Erkennbarkeit „in the flavour or taste“ gesprochen und folglich auf die sensorische Wahrnehmung verwiesen.
  • Der Gesetzgeber hat keinen Mindestgehalt festgelegt, ab dem ein Ausgangsstoff in einem als „natürlich“ bezeichneten Aroma genannt werden muss. Es wird anerkannt, dass verschiedene Aromabestandteile unterschiedliche sensorische Erkennungsschwellenwerte haben, die nicht einheitlich quantifiziert werden können (so ist z.B. ein hochkonzentriertes Zitrusschalenöl mit einem vergleichbar gering konzentrierten Frucht-Destillat nicht vergleichbar).
  • Artikel 16 gehört zu den Vorschriften, die den Verbraucher informieren und gleichzeitig eine Irreführung ausschließen sollen. Maßstab für die leichte Erkennbarkeit ist damit die Wahrnehmung des Verbrauchers und nicht ein analytischer Nachweis. Der in der Aromenbezeichnung angegebene Ausgangsstoff muss für den Verbraucher sensorisch erkennbar und ihm bekannt sein. Alles andere wäre irreführend, da es nicht seine Erwartungen trifft.

Anhand der folgenden Beispiele soll die Kennzeichnung „natürliches Aroma“ bei einer fehlenden Korrelation zwischen den verwendeten Ausgangsstoffen und dem wahrgenommenen Geschmack aufgezeigt werden:

  • Beispiel 1: Im Lebensmittel (z. B. aromatisiertes Wasser) wird ein Aroma verwendet, das für den Verbraucher nach Schwarzer Johannisbeere schmeckt. Der Schwarze Johannisbeer-Geschmack wird jedoch wesentlich durch den eingesetzten Buccoblätterextrakt erzielt. Die zuweilen geforderte Kennzeichnung „natürliches Buccoaroma mit anderen natürlichen Aromen“ entspricht nicht dem vom Verbraucher wahrgenommenen Geschmack: Schwarze Johannisbeere. Dem Willen des Gesetzgebers folgend, dürfen die Ausgangsstoffe nicht genannt werden, sofern sie nicht mit dem (vom Verbraucher) wahrgenommenen Geschmack des Lebensmittels übereinstimmen. Folgerichtig führt im angeführten Beispiel der Einsatz eines natürlichen Aromas, welches Buccoblätterextrakt enthält und für den Verbraucher nach Schwarzer Johannisbeere schmeckt, zur Kennzeichnung „natürliches Aroma“.
  • Beispiel 2: Ein weiteres Beispiel für die Anwendung des Artikels 16 (6) der EG-Aromenverordnung ist der Einsatz eines Aromas mit der beschreibenden Geschmacksrichtung Cola, welches ausschließlich aus Gewürzextrakten und Zitrusölen besteht. Da der Verbraucher in der Regel den Colageschmack nicht mit den verwendeten Ausgangstoffen, d. h. Gewürzen und Zitrone verbindet, ist eine Deklaration als „natürliches Aroma“ üblich. Eine Deklaration als „natürliches Gewürz-Zitrusaroma“ ist ebenfalls möglich, da die Gewürze und Zitrusprodukte für den charakteristischen Geschmack verantwortlich sind. Dies ist insbesondere in Bezug auf die Bio-Verordnung (EU) Nr. 2018/848 von Bedeutung, da diese nur eine Deklaration gemäß EG-Aromenverordnung Art. 16 (4) vorsieht, was im vorliegenden Fall zu einer Deklaration als „natürliches Gewürz-Zitrusaroma“ führt. Werden der Gewürzextrakt sowie das natürliche Zitrusaroma bzw. die Zitrusöle separat hinzugegeben, ist z. B. auch eine Kennzeichnung als Gewürzextrakt und natürliches Zitrusaroma möglich.
  • Beispiel 3: Bei einem natürlichen Aroma mit der Geschmacksrichtung Vanille, welches durch Vanillin aus Reisspelze dominiert wird, würde die Kennzeichnung mit der Nennung des Ausgangsstoffs (natürliches Reisaroma) nicht den vom Verbraucher wahrgenommenen Geschmack wiedergeben. Folglich führt hier der Einsatz eines natürlichen Aromas, welches Vanillin aus Reisspelze enthält und vom Verbraucher als Vanille wahrgenommen wird, zur Kennzeichnung „natürliches Aroma“.

Die Nennung der Ausgangsstoffe darf nur in folgenden Fällen erfolgen:

  • wenn der Aromabestandteil des Aromas zu mindestens 95% aus dem benannten Ausgangsstoff gewonnen wurde („natürliches Schwarze Johannisbeeraroma“ gemäß Artikel 16 Abs. 4 stammt zu mindestens 95% aus Schwarzer Johannisbeere); die restlichen max. 5% des Aromabestandteils müssen ebenfalls natürlich sein, dürfen aber aus anderen Ausgangsstoffen stammen und nur zur Standardisierung oder zur Verleihung einer besonderen Note verwendet werden.
  • wenn der Aromabestandteil des Aromas zum Teil aus dem benannten Ausgangsstoff gewonnen wurde, dessen Geschmack leicht erkennbar ist, und andere natürliche Aromen zugegeben wurden, die aus anderen Ausgangstoffen gewonnen wurden. Die Kennzeichnung in der Zutatenliste lautet auf Basis von Art. 16 Abs. 5 EG-Aromenverordnung in diesem Fall „natürliches Schwarze Johannisbeeraroma mit anderen natürlichen Aromen“ (der vom Verbraucher wahrgenommene Geschmack stammt teilweise aus der Schwarzen Johannisbeere).

 

Referenzen

Verordnung (EG) Nr. 1334/2008 über Aromen und bestimmte Lebensmittelzutaten mit Aromaeigenschaften zur Verwendung in und auf Lebensmitteln

EFFA Guidance Document on EC Flavouring Regulation

Stiftung Warentest. Kunstaroma statt Frucht, test 5/2013, S 20-26

K. Haase-Aschoff. Was ist ein natürliches Aroma?, DLR Spezial Oktober 2013, S 525-532

Cambridge University Press. (2018). Cambridge online dictionary, Cambridge Dictionary online. Retrieved at Mai 03, 2018 https://dictionary.cambridge.org/de/worterbuch/englisch-deutsch/flavour.

Arbeitsdokument der Kommission (WGF 13.01.02 rev5.3) Questions and Answers on Labelling of Flavourings in Food Products for Consumers

Stand: 24.09.2020