Extrakte, inklusive Aromaextrakte gemäß EG-Aromenverordnung

Das Thema Extrakte ist im Bereich der Lebensmittelindustrie von großem Interesse, da seitens der Lebensmittelhersteller vermehrt gewünscht wird, Zutaten inklusive Aromen als Extrakte zu deklarieren.

Dieses Papier gibt eine Übersicht, über die in Einzelvorschriften und in Normen genannten Definitionen von Extrakten, wobei der Fokus auf den Aromaextrakten liegt. Diese werden zum Zwecke der Geruchs- und Geschmacksgebung in Lebensmitteln eingesetzt und sind über die EG-Aromenverordnung 1334/2008 definiert. Darüber hinaus findet eine Reihe von Extrakten aus ernährungsphysiologischen oder technologischen Gründen Einsatz in Lebensmitteln.

Allgemein versteht man unter einem Extrakt i.d.R. ein Stoffgemisch, das aus natürlichen Ausgangsmaterialien wie beispielsweise Pflanzenteilen mittels eines physikalischen Prozesses unter Verwendung von Lösungsmitteln gewonnen wird. Die EG-Aromenverordnung definiert den Begriff des Aromaextraktes, welcher im Sinne einer „Aroma-Zubereitung“ weitergefasst ist. Darunter fallen auch Produkte, die nicht dem allgemeinen Extraktverständnis entsprechen.

1. Extrakte zu ernährungsphysiologischen Zwecken

Eine Arbeitsgruppe der GDCh hat im Jahr 2005 ein Positionspapier herausgegeben, das besonders auf Pflanzenextrakte mit ernährungsphysiologischen Wirkungen eingeht.

Der Begriff (Pflanzen-) Extrakt ist darin folgendermaßen definiert:

„Im Allgemeinen wird unter Extrakt ein Stoffgemisch verstanden, das durch selektive Anreicherung charakteristischer Bestandteile aus einem Ausgangsmaterial unter Verwendung von (Extraktions- Lösemitttel/n (ggf. unter Einbeziehung anderer Technologien) gewonnen wird. Im Falle von Pflanzenextrakten stellen Pflanzen oder Teile davon in verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand das Ausgangsmaterial dar.“

Die gewonnenen Extrakte sind – bei gleichem Ausgangsmaterial – in Abhängigkeit vom jeweiligen Herstellungsprozess, von spezifischer stofflicher Beschaffenheit. Dies bezieht sich auf den Anreicherungsgrad der gewünschten Stoffe, deren Mengenverhältnisse untereinander und der Art und Quantität der begleitenden Stoffe. Beispiele sind: polyphenolreicher Grüner Tee Extrakt, isoflavonreicher Soja Extrakt. Für Extrakte als Wirkstoffe in Arzneimitteln, ist die Definition des Europäischen Arzneibuches einschlägig.

2. Extrakte mit technologischer Wirkung

Eingesetzte Extrakte können in Lebensmitteln auch eine technologische Wirkung ausüben. Aus pflanzlichen Materialien wie Rote Beete, Schwarze Karotte, Spinat, verschiedenen Früchten und Gewürzen lassen sich Extrakte herstellen, die als sogenannte färbende Lebensmittel eingesetzt werden. Die Bedingungen für die Herstellung und ihre Abgrenzung zu den Zusatzstoffen sind in den von der EU Kommission verabschiedeten Leitlinien „Guidance notes on the classification of food extracts with colouring properties“ beschrieben.

Der Begriff Extrakt wird darin folgendermaßen verwendet:

„The term „extract“ used in this document refers to preparations obtained from a food as defined in Regulation (EC) No 178/20021 obtained by physical and/or chemical extraction, no matter whether they are labelled as extracts or concentrates (i.e. it includes concentrates of extracts), used to colour foods – i.e. water soluble and oil soluble extracts. The guidance only relates to extracts in which the colouring constituents are intact (i.e. not chemically modified) and indigenous to the source material.“

Als praktische Hilfestellungen enthält der Leitfaden einen Entscheidungsbaum und entsprechende Checklisten, die die Abgrenzung zwischen färbendem Lebensmittel und Farbstoff erleichtern sollen. Daneben gibt es eine mathematische Hilfestellung zur Berechnung des Anreicherungsfaktors, welcher ebenfalls entscheidend ist für die Einstufung.

Fallen die im Lebensmittel eingesetzten Produkte unter die Zusatzstoffdefinition, müssen sie den im allgemeinen Zusatzstoffrecht festgelegten Herstellbedingungen und Reinheitskriterien entsprechen. Es gibt auch einen als „Extrakt“ bezeichneten Farbstoff: Paprikaextrakt (E160c). Weitere „Extrakt“-Beispiele aus dem Zusatzstoffbereich sind: Stark tocopherolhaltige Extrakte (E306) und Rosmarinextrakt (E392), die als Antioxidationsmittel wirken.

3. Kaffeeextrakte im Sinne der Kaffee-Verordnung

Diese Produkte sind explizit in der Kaffeeverordnung geregelt. In der Anlage der Kaffee-Verordnung werden Kaffeeextrakte definiert und gemäß ihrer Extrakt-Trockenmasse und Zusammensetzung unterteilt. Alle diese Erzeugnisse werden durch Extraktion von geröstetem Kaffee, unter ausschließlicher Verwendung von Wasser als Extraktionsmittel gewonnen. Sie werden nachfolgend, durch den Entzug von Wasser, konzentriert.

4. Tee-Extrakte im Sinne der Tee-Leitsätze

Tee-Extrakte sind gemäß den Leitsätzen (Leitsätze für Tee und teeähnliche Erzeugnisse, deren Extrakte und Zubereitungen) stets rein wässrige Auszüge aus Tee, denen im Anschluss Wasser entzogen wird. Als Ausgangsmaterial für die Extraktion werden ausschließlich Blätter, Blattknospen oder zarte Stiele des Teestrauches Camellia sinensis L.O. Kuntze, verwendet.

Analog sind „Extrakte aus teeähnlichen Erzeugnissen“ als wässrige Auszüge definiert, wobei hier Pflanzenteile eingesetzt werden, die nicht vom Teestrauch stammen und die dazu bestimmt sind, in der Art wie Tee verwendet zu werden.

5. Aromaextrakte im Sinne der EG-Aromenverordnung

5.1. Definition

Ein Aromaextrakt ist eine in der EG-Aromenverordnung definierte Aromakategorie und wird zur Aromatisierung von Lebensmitteln verwendet. Er kann als Baustein von Aromen oder selbst als Aroma eingesetzt werden. Ein Aroma ist ein Erzeugnis, das als solches nicht zum Verzehr bestimmt ist und Lebensmitteln zugesetzt wird, um ihnen einen besonderen Geruch und/oder Geschmack zu verleihen oder diesen zu verändern.

Aromaextrakte sind gemäß EG-Aromenverordnung Nr. 1334/2008; Artikel 3; (d) (i-ii) definiert:

„Aromaextrakt“ ist ein Erzeugnis, das kein Aromastoff ist und gewonnen wird aus

  1. i) Lebensmitteln, und zwar durch geeignete physikalische, enzymatische oder mikrobiologische Verfahren, bei denen sie als solche verwendet oder mittels eines oder mehrerer der in Anhang II aufgeführten herkömmlichen Lebensmittelzubereitungsverfahren für den menschlichen Verzehr aufbereitet werden,

und/oder

  1. ii) Stoffen pflanzlichen, tierischen oder mikrobiologischen Ursprungs, die keine Lebensmittel sind, und zwar durch geeignete physikalische, enzymatische oder mikrobiologische Verfahren, wobei die Stoffe als solche verwendet oder mittels eines oder mehrerer der in Anhang II aufgeführten herkömmlichen Lebensmittelzubereitungsverfahren aufbereitet werden;

Demnach sind Aromaextrakte in Abgrenzung zum Begriff des Aromastoffes stets komplexe Gemische, die neben den flüchtigen Aromakomponenten auch noch andere Bestandteile aus dem Ausgangsmaterial oder der Herstellung enthalten können (z.B. nicht flüchtige Komponenten, fruchteigenes Wasser, zur Herstellung verwendeten Ethanol oder pflanzliche Öle).

Anhand der in der Definition genannten zulässigen Ausgangsmaterialien und Bedingungen für die Herstellung des Aromaextraktes wird deutlich, dass der Begriff Aromaextrakt nicht automatisch mit dem allgemeinen Verständnis des Extraktbegriffes gleichgesetzt werden kann.

Neben Lebensmitteln (z.B. Früchte, Kräuter, Gewürze, Honig, Gemüse, Fleisch) können auch andere Stoffe pflanzlicher, tierischer oder mikrobieller Natur als Ausgangsmaterialien verwendet werden.

Für die Gewinnung von Aromaextrakten sind alle geeigneten physikalischen, aber auch enzymatische und mikrobielle Verfahren zulässig. Der Gesetzgeber erlaubt die Aufbereitung mittels der in Anhang II der Verordnung gelisteten herkömmlichen Lebensmittelzubereitungsverfahren (z.B. Kochen, Braten, Backen, Grillen, Vergären, Destillieren, Trocknen).

Interessanterweise spricht ausschließlich die deutsche Fassung der EG-Aromenverordnung von Aromaextrakten. In der englischen Fassung der EG-Aromenverordnung, die als Ausgangsverordnung zu sehen ist, wird stattdessen der Begriff „flavouring preparation“ verwendet. Demzufolge findet sich in allen anderen Sprachversionen der EU Verordnung in der Übersetzung der Terminus ‚Aroma-Zubereitung‘. Der Begriff Aromaextrakt im Sinne der EG-Aromenverordnung ist daher synonym für den Begriff „Aroma- Zubereitung“ zu sehen, welcher diese Produkte zutreffender beschreibt.

Die zur Herstellung von Aromaextrakten zulässigen Extraktionslösungsmittel und deren Höchstmengen im verzehrfertigen Lebensmittel sind in der Technischen Hilfsstoff-Verordnung geregelt.

Aromen können zugelassene Lebensmittelzusatzstoffe und/oder Lebensmittelzutaten zu technologischen Zwecken enthalten. Zulässige Zusatzstoffe sind im Anhang III, Teil 4 der EG-Zusatzstoffverordnung Nr. 1333/2008 (in der jeweils gültigen Fassung) geregelt.

Aromaextrakte sind in der Regel hoch konzentrierte Erzeugnisse. Um die Dosierung und das Handling an die Applikation anzupassen, können Trägerstoffe zugegeben werden.

Häufig verwendet werden:

  • Lebensmittel: Wasser, Ethylalkohol, Speiseöle, Zuckersirupe, Zuckerarten (z. B. Glucose, Lactose), Stärke, Maltodextrine, Kochsalz;
  • Zusatzstoffe: Gummi arabicum (E 414), Sorbit (E 420), Glycerin (E 422), Pektine (E 440), chemisch modifizierte Stärken (E 1404 u.a.), Glycerintriacetat (E 1518), Propylenglycol (E 1520).

5.2 Beispiele für Aromaextrakte

Gemäß der Definition des Aromaextraktes nach EG-Aromenverordnung, fallen darunter eine Vielzahl an Erzeugnissen, die häufig entsprechend der verwendeten Herstellungsverfahren klassifiziert werden. Nachfolgend sind einige Beispiele für verschiedene Arten von Aromaextrakten gelistet, deren genauere Bezeichnungen z.T. auch in der ISO Norm 9235 definiert werden.

  • Extrakte

Gemäß Definition in der ISO Norm 9235 ist ein Extrakt ein Erzeugnis, welches durch die Behandlung eines natürlichen Rohstoffs mit einem oder mehreren Lösemitteln gewonnen wird. Die Lösemittel werden danach ganz oder teilweise entfernt. Je nach Art der Herstellung bzw. verwendete Lösungsmittel werden weitere spezifischere Produkte definiert (z.B. Absolue, Oleoresin).

Extraktionen können dazu dienen, bestimmte Inhaltsstoffe, je nach Wahl der Extraktionsführung an- bzw. abzureichern. Die verwendete Prozessführung ermöglicht es, ein gewünschtes Geschmacksprofil des Aromaextraktes zu erzeugen.

  • Gewürzextrakte

Gewürzextrakte werden aus Gewürzpflanzen gewonnen. Je nach Ausgangsmaterial befinden sich dabei die wertgebenden Inhaltsstoffe (Scharfstoffe, Geschmacksstoffe, Ätherische Öle etc.) in unterschiedlichen Pflanzenteilen und können extraktiv daraus gewonnen werden.

Beispiele: Pfefferextrakt, Vanilleextrakt. Siehe hierzu auch das Papier Active Principles – Gewürze/Kräuter – Gewürz-/Kräuterextrakte sowie das Positionspapier „Vanille“.

  • Auszüge

Auszüge werden in der Regel mit Ethylalkohol und Wasser aus Pflanzenteilen, Gewürzen, Pressrückständen von Früchten extrahiert. Hierbei verbleibt das verwendete Extraktionsmittel im Auszug, wodurch Auszüge meist geringer konzentriert sind.

  • Destillate

Destillate sind Kondensationsprodukte der Destillation. Während der Konsument damit häufig nur ethanolhaltige Spirituosen, die im klassischen (‚Schnaps‘)-Brennverfahren gewonnen werden, assoziiert, wird das Verfahren der Destillation industriell zur Gewinnung vielfältiger Aromaextrakte genutzt. Insbesondere die selektive Anreicherung gewünschter Bestandteile im Aromaextrakt ist mittels dieser Methode möglich. Die Methode ermöglicht eine selektive Anreicherung von Bestandteilen, die im Aromaextrakt gewünscht sind.

  • Ätherische Öle

Der ISO-Standard 9235 definiert „ätherisches Öl“ als ein Produkt, das extrahiert wird aus natürlichen Rohstoffen durch:

  • Destillation mit Wasser oder Dampf in einer Destille (z.B. Lavendelöl),
  • Mechanische Behandlung des Epicarps von Zitrusfrüchten bei Zimmertemperatur; dies erzeugt kaltgepresste ätherische Öle (z.B. Orangenöl, Zitronenöl)
  • Trockene Destillation.

Die ISO-Norm 9235 beschreibt ein ätherisches Öl als ein Naturkonzentrat. Das ätherische Öl kann physikalischen Behandlungen unterzogen werden, die keine wesentlichen Veränderung in seiner Zusammensetzung zur Folge hat (z.B. Filtrieren, Dekantieren, Zentrifugieren). In der ISO-Norm sind darüber hinaus auch weiter bearbeitete und konzentrierte Ätherische Öle beschrieben.

6. Kennzeichnung von Aromaextrakten für die gewerbliche Weiterverarbeitung

Für die Kennzeichnung von Aromaextrakten, die für die gewerbliche Weiterverarbeitung bestimmt sind, gelten die Vorschriften des Art. 15 und 16 der EG-Aromenverordnung. Demnach ist die Verkehrsbezeichnung entweder das Wort Aroma oder eine genauere Angabe oder eine Beschreibung des Aromas.

Bei Bezeichnungen wie Gewürzextrakte, Vanilleextrakt, Pfefferextrakt, Dillauszug oder Himbeerdestillat handelt es sich um die genauere Angabe von Aromen im Sinne des Artikel 15 Abs. 1 (a). Die Verkehrsbezeichnungen werden ggf. um Hinweise „auf Salz“, „auf Dextrose“, „auf Maltodextrin“ ergänzt.

7. Kennzeichnung von Aromaextrakten in der Zutatenliste aromatisierter Lebensmittel

Die Verkehrsbezeichnung ist die in den Rechtsvorschriften festgelegte Bezeichnung. Aromen und damit auch Aromaextrakte sind gemäß der Lebensmittelinformationsverordnung, LMIV (EU) Nr. 1169/2011, Anhang VII, TEIL D analog zur Aromenverordnung als:

 „Aroma/Aromen“ oder mit einer genaueren Bezeichnung bzw. Beschreibung des Aromas

zu bezeichnen.

Wird der Begriff „natürlich“ zur Bezeichnung verwendet, gelten die Bedingungen in Artikel 16 der EG- Aromenverordnung. Das zur Herstellung des Aromaextraktes verwendete Ausgangsmaterial muss genannt werden (z.B. Natürliches Pfeffer-Aroma, Natürliches Vanille-Aroma), es sei denn, es ist geschmacklich im Lebensmittel für den Verbraucher nicht erkennbar.

Aromaextrakte können alternativ mit ihren jeweils zutreffenden genaueren Bezeichnungen wie beispielsweise Gewürzextrakte, Vanilleextrakt, Pfefferextrakt, Dillauszug oder Himbeerdestillat in der Zutatenliste aufgeführt werden. Lösungsmittel, Träger- oder Zusatzstoffe, die aus rein technologischen Zwecken verwendet wurden, müssen in der Zutatenliste des Lebensmittels dann nicht aufgeführt werden, wenn sie im aromatisierten Lebensmittel keine technologische Wirkung haben.

‚Damit keine Irreführung der Verbraucher über die Verwendung von Aromen möglich ist, sollte deren Vorhandensein in Lebensmitteln stets angemessen gekennzeichnet werden.‘ Unter anderem basierend auf dieser, im Erwägungsgrund 7 der EG-Aromenverordnung genannten Voraussetzung, gilt es grundsätzlich sicherzustellen, dass Verbraucher durch die Angaben und Aufmachung eines Lebensmittels nicht irregeführt werden. Dies erfordert gegebenenfalls eine Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung der beschriebenen Kennzeichnungsmöglichkeiten und Prüfung der Gesamtaufmachung des Endproduktes.

Weiterführende Informationen zum Thema Kennzeichnung finden Sie in folgenden Positionspapieren:

Stand: 22.01.2020