Wissenswertes über ätherische Öle

Historisches

Ätherische Öle werden seit Jahrtausenden durch physikalische Verfahren (z.B. Destillation, Auspressen) aus Pflanzenmaterial gewonnen. Aus archäologischen Funden geht hervor, dass die Technik der Destillation bereits im 3. Jahrtausend vor Christi Geburt in Persien zur Duftherstellung benutzt wurde. Eines der ältesten medizinischen Lehrbücher aus dem Jahre 2000 v.Chr., „Des gelben Kaisers Buch der inneren Medizin“, stammt aus China und wurde von dem „Gelben Kaiser“ Huang Ti verfasst. Es schildert die Ursachen von Erkrankungen und deren Behandlung durch Akkupunktur, Massage und „aromatische Öle“. Ebenfalls zu dieser Zeit kannten die Ägypter die desinfizierenden Eigenschaften ätherischer Öle und setzten sie zur Mumifizierung ein.

Etwa 1000 nach Christi Geburt wurde die inzwischen in Vergessenheit geratene Destilliertechnik von den Arabern wieder entdeckt. Im 12. Jahrhundert kam dieses Wissen nach Europa, als die Araber in Spanien und Südfrankreich die ersten Universitäten gründeten. Auch die Kreuzfahrer brachten „wohlriechende Essenzen“ von ihren Fahrten mit. So gab es Ende des 12. Jahrhunderts in Europa die ersten Parfümeure, die mit ätherischen Ölen arbeiteten.

1500 wird die Gewinnung ätherischer Öle im Destillierbuch des Straßburger Arztes Brunschwig beschrieben. Anhand der Nürnberger und Augsburger Pharmakopöen lässt sich 1598 die Verwendung von 108 destillierten ätherischen Ölen in Gewerbe und Handel belegen. Sie wurden vorwiegend im Arzneiwesen und in der Parfümerie eingesetzt. 1826 setzen Zeise und van Dyk die Wasserdampfdes-tillation bei der Gewinnung ätherischer Öle ein und erhielten dadurch reinere Öle. Erst jetzt, im 19. Jahrhundert, erkannte man, dass damit auch Lebensmittel aromatisiert werden können.

Das Wort Öl in der Bezeichnung „Ätherische Öle“ kommt daher, dass die Produkte – ebenso wie die fetten Öle – mit Wasser nicht mischbar sind, sondern in der Regel auf dem Wasser schwimmen (in nur wenigen Fällen ist das Öl schwerer als Wasser und setzt sich unten ab). Im Gegensatz zu den fetten Ölen verflüchtigen sich die meisten ätherischen Öle, ohne auf dem Papier einen „Fettfleck“ zu hinterlassen (Ausnahmen sind Öle, die durch Auspressen gewonnen werden). Sie steigen sozusagen auf in den „Äther“. Man könnte auch sagen: Ätherische Öle, also konzentrierte Pflanzendüfte, sind eine himmlische Sache und wurden daher ätherisch (= himmlisch) genannt. Im Angelsächsischen heißen die ätherischen Öle „essential oils“. Essential ist das Adjektiv von essence = Geist, Wesen, Essenz. Die angelsächsische Bezeichnung drückt also aus, dass es sich beim ätherischen Öl um den Geist, das Wesen oder das Wesentliche der Pflanze handelt.

Verwendung

Ätherische Öle werden vielseitig verwendet. Sie finden Einsatz

  • in Lebensmitteln (einschließlich der Verwendung in der häuslichen Küche)
  • in Aromen, mit denen Lebensmittel und Arzneimittel aromatisiert werden,
  • in Parfumkompositionen für die Feinparfümerie, für Haushaltswaren und Toilettenartikel
  • in Kosmetika
  • in der Volksmedizin (z.B. Kamillendampfbad)
  • in der klassischen und alternativen Medizin (einschließlich Aroma- und Psychotherapie sowie Massage)
  • bei der Beduftung von Räumen (z.B. Büros, Messestände, Verkaufsräume, Wohnungen)
  • bei der Mumifizierung in alten Kulturen.

Gewinnung

Die International Organization for Standardization definiert „Ätherisches Öl“ als ein Produkt, das entweder durch Destillation oder mechanische Behandlung aus Pflanzenmaterial hergestellt wird. Das Hauptverfahren zur Gewinnung ätherischer Öle ist die Wasserdampfdestillation. Dabei wird das Material vor dem eigentlichen Vorgang zerkleinert. Dadurch werden die Ölzellen geöffnet und dem Wasserdampf leichter zugänglich gemacht. Blüten und Blätter, bei denen das Öl in dünnwandigen Zellen direkt unter der Oberfläche sitzt, brauchen nicht weiter aufbereitet zu werden. Wurzeln und Kräuter werden zerschnitten, getrocknete Pflanzen können gemahlen werden, Samen zerquetscht Hölzer geraspelt. Bei dieser Behandlung werden natürlich nicht alle Zellen geöffnet; ein Teil der ätherischen Öle tritt auch aus den geschlossenen Zellen aus.
Je besser vorbereitet die Pflanzenteile sind, um so schneller geht die Destillation vor sich. Bei der Wasserdampfdestillation wird überhitzter Dampf verwendet, der durch das auf einem Rost liegende Destillationsgut geleitet wird. Durch die starke Hitze werden auch Stoffe mit sehr hohen Siedepunkten gewonnen. Weitere Verfahren sind die Destillation mit Wasser, die trockene Destillation und das Auspressen. Die Destillation mit Wasser ist der Destillation mit Wasserdampf sehr ähnlich, außer dass das Pflanzenmaterial in direktem Kontakt mit dem kochenden Wasser ist. Die trockene Destillation eignet sich nur für wenige Pflanzen, das mechanische Auspressen erfolgt hauptsächlich bei Schalen von Zitrusfrücht.

Von den etwa 345.000 Pflanzenarten, die auf der Erde vorkommen, enthalten ca. 2300 ätherische Öle. Das ist weniger als 1 Prozent. Ätherische Öle werden aus allen Teilen aromatischer Pflanzen gewonnen: Aus Früchten (z.B. Fenchel), Teilen von Früchten (z.B. Macis), Blüten (z.B. Rose), Teilen von Blüten (z.B. Safran), Blütenknospen (z.B. Gewürznelke), Rinden (z.B. Zimt), Blättern (z.B. Basilikum), Blättern und Zweigen (z.B. Mandarine, Petitgrain), Rhizomen (z.B. Ingwer), Wurzeln (z.B. Angelika), Samen (z.B. Cardamom), Nadeln (z.B. Kiefer) und Holz (z.B. Sandelholz).

Definition

Der Begriff „Ätherisches Öl“ ist klar definiert. Er ist reserviert für Produkte, die durch

  • Destillation mit Wasser oder Dampf
  • mechanische Behandlung oder
  • trockene Destillation

aus Pflanzenmaterial gewonnen werden. Das ist auch die berechtigte Konsumentenerwartung. Wird dem Verbraucher z.B. Orangenöl, Zitronenöl oder Rosmarinöl angeboten, so möchte er ein ätherisches Öl erwerben und weder ein absichtlich verfälschtes Produkt (sei es mit synthetischen Stoffen, sei es mit natürlichen Stoffen, z. B. Terpenen), noch ein rekonstituiertes Öl. (Rekonstituierte Öle sind Nachbildungen von ätherischen Ölen mit Hilfe synthetischer Substanzen).