DVAI Positionspapier „Vanille“

1. Vorbemerkungen

Vanille ist nach Safran das zweitteuerste Gewürz der Welt. Die weltweite Produktion von echter Vanille dehnt sich auf immer mehr Länder in den tropischen und subtropischen Regionen der Welt aus, kann aber trotzdem den weltweiten Bedarf nicht decken. Daher überwiegen Vanillearomen mit biotechnologisch oder synthetisch hergestelltem Vanillin und decken den weiteren Bedarf.

Nachfolgend werden die Anforderungen an Vanillearomen, Vanilleerzeugnisse sowie mit Vanille aromatisierte Lebensmittel (Kennzeichnung in der Zutatenliste / Abbildungen) unter Berücksichtigung der Rechtslage sowie der in Deutschland geltenden Verkehrsauffassung beschrieben. Dieses Dokument stützt sich auf die EG-Aromenverordnung Nr. 1334/2008 sowie auf flankierende gemeinschaftsrechtliche Regelungen.

Sofern nationale Vorschriften, Leitsätze oder Richtlinien einschlägig sind, wird hierauf gesondert Bezug genommen. Es wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass in anderen Mitgliedstaaten der EU hierzu abweichende Verkehrsauffassungen bestehen können.

2. Allgemeines

2.1 Botanik

Vanille gehört zu der riesigen Familie der Orchideengewächse und ist ihre einzige wirtschaftlich bedeutsame Nutzpflanze. Die handelsüblichen Vanilleprodukte enthalten mehrheitlich Vanille der botanischen Herkunft Vanilla planifolia. Andere Arten wie z. B. die Tahiti-Vanille (Vanilla tahitensis – ein Hybrid aus V. planifolia und V. odorata) und Vanilla pompona (aus Venezuela und der Karibik) werden kommerziell ebenfalls eingesetzt.

Die jährlich blühenden Pflanzen werden üblicherweise in tropischen Regionen angebaut und benötigen drei bis vier Jahre bis sie zum ersten Mal blühen. Die Früchte, umgangssprachlich als Schoten bezeichnet, benötigen sechs bis acht Monate zum Reifen und werden dann grün geerntet. Danach erfolgt eine Fermentation, die zum typischen Vanille-Geschmack führt.

2.2 Bourbon

Der Hinweis „Bourbon“ stellt nach allgemeiner Auffassung eine geografische Herkunftsbezeichnung dar. So muss das Ausgangsmaterial Vanille aus der Region der „Vanille-Inseln“ (Madagaskar, Komoren, La Réunion, Seychellen, Mauritius, Nosy Be, Rodrigues und Mayotte) stammen und die entsprechenden botanischen Kriterien (Vanilla planifolia Andrews) erfüllen.

Einen Spezialfall stellt die geschützte geografische Angabe „Vanille de l’île de La Réunion“ (g. g. A.) nach Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2021/1405 dar.

3. Vanille-Aroma

Ein „Vanille-Aroma“ schmeckt bei empfohlener Dosierung deutlich wahrnehmbar nach Vanille, d. h. der Begriff „Vanille“ beschreibt hier den Geschmack des Aromas.

Zur Herstellung eines solchen Aromas können die in den Begriffsbestimmungen von Artikel 3 (2) b) bis h) der EG-Aromenverordnung definierten Aromakategorien verwendet werden (d. h. natürliche Aromastoffe, Aromastoffe, Aromaextrakte, thermisch gewonnene Reaktionsaromen, Raucharomen, Aromavorstufen, sonstige Aromen oder deren Mischungen).

Im Rahmen der Kennzeichnung eines solchen Aromas kann auf Vanille Bezug genommen werden. Zwingend erforderlich für diesen Hinweis ist die sensorische Wahrnehmbarkeit des Vanillegeschmacks. Dabei spielt es keine Rolle, welche Aromakategorien daran mitwirken.

Bei der Bezeichnung „Vanille-Aroma“ handelt es sich folglich um eine genauere Bezeichnung gemäß Artikel 15 (1) (a) der EG-Aromenverordnung. Siehe hierzu auch den Beschluss des Arbeitskreises Lebensmittelrechtlicher Sachverständiger (ALS) anlässlich der 102. Sitzung/September 2013.

Ein mit einem „Vanille-Aroma“ aromatisiertes Lebensmittel ist gemäß Anhang VII Teil D der Lebensmittelinformationsverordnung (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV), in Verbindung mit Artikel 29 der EG-Aromenverordnung im Zutatenverzeichnis zu kennzeichnen. Dabei gibt es die Möglichkeit, den Hinweis „Aroma“ ohne weitere Geschmackshinweise vorzunehmen. Alternativ kann auch eine genauere Bezeichnung („Vanille-Aroma“) gewählt werden.

4. Natürliche Aromen

Gemäß Artikel 16 (2) der EG-Aromenverordnung darf der Begriff „natürlich“ nur verwendet werden, wenn der Aromabestandteil ausschließlich „natürliche Aromastoffe“ gemäß Artikel 3 (2) (c) und / oder „Aromaextrakte“ gemäß Artikel 3 (2) (d) enthält.

4.1 Natürliches Vanille-Aroma

Gemäß Artikel 16 (4) der EG-Aromenverordnung darf der Begriff „natürlich“ in Verbindung mit einer Bezugnahme auf ein Lebensmittel, eine Lebensmittelkategorie oder einen pflanzlichen oder tierischen Aromaträger nur verwendet werden, wenn der Aromabestandteil ausschließlich oder mindestens zu 95 Gew.-% aus dem in Bezug genommenen Ausgangsstoff gewonnen wurde.

Im Falle von „natürlichen Vanille-Aromen“ sind daher mindestens 95 Gew.-% des Aromabestandteils aus Vanilleschoten gewonnene Aromaextrakte und/oder natürliche Aromastoffe, z. B. Vanilleextrakte bzw. aus Vanilleschoten gewonnenes Vanillin.

Aus Gründen der geschmacklichen Standardisierung und/oder zur Verleihung einer besonderen Aromanote (siehe auch Erwägungsgrund 26 der EG-Aromenverordnung) können maximal 5 Gew.-% des Aromabestandteils dieser „natürlichen Vanillearomen“ Aromaextrakte und/oder natürliche Aromastoffe aus anderen Ausgangsstoffen sein (z. B. zum Standardisieren oder zur Verleihung einer buttrigen oder sahnigen Note, Verleihung einer Anisnote etc.). Wichtig ist hierbei hervorzuheben, dass ausweislich des Erwägungsgrundes 26 der Verbraucher nicht über die bei der Herstellung natürlicher Aromen verwendeten Ausgangsstoffe getäuscht werden darf.

Es ist darauf hinzuweisen, dass hinsichtlich der Überprüfung des sog. „95-5-Verhältnisses“ divergierende Auffassungen bestehen. Im Positionspapier des DVAI zu Artikel 16 (4) werden die unterschiedlichen Auslegungen ausführlich dargestellt.

Die obigen Ausführungen gelten entsprechend für „natürliches Bourbon-Vanille-Aroma“.

Weiterführende Informationen zu natürlichen Vanillearomen finden Sie in unserem Positionspapier zur Zusammensetzung natürlicher Vanillearomen.

4.2 Natürliches Vanillearoma mit anderen natürlichen Aromen

Gemäß Artikel 16 (5) der EG-Aromenverordnung darf die Bezeichnung „natürliches Vanille-Aroma mit anderen natürlichen Aromen“ nur verwendet werden, wenn der Aromabestandteil zum Teil aus der in Bezug genommenen Vanille stammt, dessen Aroma leicht erkennbar ist.

Das bedeutet, dass ein entsprechend gekennzeichnetes Aroma einen geschmacklich deutlich wahrnehmbaren Aromabestandteil aus Vanille enthält.

Im Übrigen gelten die Anforderungen des Artikels 16 (2), d. h. der gesamte Aromabestandteil darf ausschließlich Aromaextrakte und/oder natürliche Aromastoffe enthalten.

Die obigen Ausführungen gelten entsprechend für „natürliches Bourbon-Vanille-Aroma mit anderen natürlichen Aromen“.

4.3 Natürliches Aroma

Gemäß Artikel 16 (6) der EG-Aromenverordnung darf der Begriff „natürliches Aroma“ nur verwendet werden, wenn der Aromabestandteil aus verschiedenen Ausgangsstoffen stammt und wenn eine Nennung der Ausgangsstoffe ihr Aroma oder ihren Geschmack nichtzutreffend beschreiben würde.

Der Aromabestandteil eines solchen Aromas darf gemäß Artikel 16 (2) ebenfalls nur aus Aromaextrakten und/oder natürlichen Aromastoffen bestehen; es sind hierbei entweder keine Aromabestandteile aus Vanille enthalten oder die Aromabestandteile aus Vanille sind geschmacklich nicht als Vanille erkennbar. In diesen Fällen wird der Vanillegeschmack durch aromatisierende Bestandteile (Aromaextrakte und/oder natürliche Aromastoffe) dargestellt, die nicht aus Vanille stammen. Ein Beispiel hierfür wäre Vanillin, welches nicht aus der Vanilleschote isoliert, sondern mittels fermentativer Verfahren aus anderen pflanzlichen Ausgangsmaterialien gewonnen wird. Der Bezug auf das jeweilige Ausgangsmaterial würde das Aroma oder den Geschmack nichtzutreffend beschreiben und entspricht nicht dem vom Verbraucher wahrgenommenen Geschmack, so dass hier die Deklaration „natürliches Aroma“ anzuwenden ist.

5. Vanille-Extrakt

Ein als „Vanille-Extrakt“ bezeichnetes natürliches Vanille-Aroma enthält im Aromabestandteil ausschließlich Aromaextrakte im Sinne des Artikels 3 (2) (d) der EG-Aromenverordnung, gewonnen aus Vanilleschoten.

Für die Herstellung von Vanilleextrakten dürfen neben Lebensmitteln nur Lösungsmittel zur Extraktion verwendet werden, die gemäß der EG-Richtlinie 2009/32 über Extraktionslösemittel zugelassen sind. Alle aus der Vanilleschote hierbei extrahierten Naturbestandteile, wie z.B. fruchteigenes Wasser, sowie die dabei verwendeten Auszugsmittel, wie z. B. Wasser, Ethanol, Essig oder pflanzliches Öl, können dabei im Vanilleextrakt verbleiben und sind als Bestandteil des Vanilleextraktes anzusehen. Diese Auszugsmittel sind allerdings von Trägerstoffen und/oder weiteren Lebensmittelbestandteilen, die nach der Extraktion aus technologischen Gründen zugesetzt werden, zu unterscheiden. [siehe EFFA Position on Vanilla Extracts sowie EFFA Guidance Document on the EC Regulation on Flavourings]

Die obigen Ausführungen gelten entsprechend für „Bourbon-Vanille-Extrakte“.

6. Vanilleschoten-Äquivalent

Das Vanilleschoten-Äquivalent gibt an, wieviel kg Vanilleschoten verwendet wurden, um 1 kg eines Vanilleextraktes herzustellen. Die Angabe von Vanilleschoten-Äquivalenten ist insbesondere dann relevant, wenn es um die Einhaltung von Mindestmengen von Vanille bzw. einer äquivalenten Menge an „Extraktivstoffen“ (in Form von Vanilleextrakten) geht.

Am 5. Mai 2021 wurde eine Neufassung der Leitsätze für Puddinge, andere süße Desserts und verwandte Erzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuches mit Stand 26. März 2021 veröffentlicht. Darin wurden die Beschreibungen bzw. Verkehrsauffassungen der Produkte aktualisiert und es wurden Anpassungen bezüglich des Aromenrechts vorgenommen. Für die Produkte Vanille-Pudding, Vanille-Soße, Vanille-Dessert, Mousse Vanille sowie gleichsinnig als „Vanille-…“ bezeichnete verwandte Erzeugnisse ist geregelt, dass solche Erzeugnisse ihren Vanillegeschmack ausschließlich durch gemahlene Vanilleschoten, Vanillemark, Vanilleextrakt und/oder natürliches Vanillearoma erhalten und dieser Vanillegeschmack deutlich wahrnehmbar ist. Die Sensorik ist somit der entscheidende Qualitätsparameter.

Die Leitsätze in der Fassung vom 26.01.1999 (LS Pudding)
enthielten noch die folgenden Regelungen zu Mindestmengen, die mit der Neufassung hinfällig sind:

Bei Erzeugnissen wie beispielsweise Vanille-Pudding, Vanille-Dessert oder gleichsinnig bezeichneten Erzeugnissen bezogen auf 500 ml

  • mindestens 0,4 g Vanilleschoten oder
  • eine geschmacklich entsprechende Menge natürliches Vanillearoma

zugesetzt werden sollte (LS Pudding: II.5 und II.6).

Mindestmengen für Vanille sind somit nur noch für Vanille-Zucker vorgesehen. Die BLL-Richtlinie für Vanille-Zucker und Vanillin-Zucker (Neuauflage 2007) beschreibt für diese Erzeugnisse, wenn sie zur Abgabe an den Endverbraucher vorgesehen sind, folgendes:

  • Vanille-Zucker enthält auf je 8 g Gesamtinhalt einer Packung mindestens 0,5 g Vanille-Schoten oder die Extraktivstoffe daraus.

7. Aufmachung von aromatisierten Lebensmitteln

Im Zusammenhang mit Vanille-Aromen stellt sich immer wieder die Frage der Zulässigkeit von entsprechenden Bezeichnungen und Abbildungen auf der Verpackung eines damit aromatisierten Lebensmittels.

Eine allgemeine und umfassende Antwort ist nicht möglich. Abbildungen von Pflanzenteilen sind grundsätzlich denkbar. Dabei sind die branchenspezifischen Gepflogenheiten und nationalen Regelungen sowie das Irreführungsverbot des Art. 16 LMIV und §§ 3, 5 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu beachten.

Im Grundlagenpapier (DLR 04/2021) des AK Aroma (länderübergreifender Arbeitskreis der Sachverständigen für Aromen und Aromastoffanalytik) werden unter anderem die in Deutschland veröffentlichten Auffassungen und Regelungen zur Zulässigkeit der Abbildung von Vanilleschoten und/oder -blüten aufgelistet. Die verschiedenen Interpretationshilfen unterscheiden sich dabei in ihren Anforderungen. Nach Ansicht des AK Aroma sollte die Auslobung “Vanille” und/oder die Abbildung von Vanilleschoten oder ‑blüten unabhängig von der Produktgruppe grundsätzlich als gleichbedeutend angesehen werden und eine Aromatisierung ausschließlich durch gemahlene Vanilleschoten, Vanilleextrakt und/oder natürliches Vanillearoma im Produkt erfordern. Außerdem vertritt der AK Aroma die Auffassung, dass nicht zwischen naturgetreuen und stilisierten Abbildungen unterschieden werden sollte.

Die Einzelfallentscheidung liegt grundsätzlich in der Verantwortung des Lebensmittelherstellers.

8. Normen, Standards und Referenzen

8.1 Note d’information (NI) 2003-61

Die französische Note d’information (NI) 2003-61 wurde in der Vergangenheit hinsichtlich der Beurteilungskriterien für Vanille immer wieder von Dritten herangezogen. Im Januar 2017 wurde die Note d’information (NI) 2003-61 in Frankreich aufgehoben. Hintergrund ist, dass aufgrund der EG-Aromenverordnung einige Schlussfolgerungen obsolet sind. Ferner spiegelten die niedergelegten analytischen Kriterien die Qualität der Vanille aus Madagaskar zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser NI wider. Dies entsprach nicht mehr der aktuellen Vanillequalität. Das DGCCRF bestätigte darüber hinaus, dass es eine Veränderung in der Qualität der Vanille aufgrund von Entwicklungen im Bereich der Herstellungspraxis in Madagaskar gab.

Folgende Anforderungen, welche in der NI niedergelegt waren, wurden aufgehoben:

  • 2 % Vanillin in den Schoten
  • 2 g/kg Vanillin in Vanilleextrakten und Standardextrakten
  • Angabe des Vorhandenseins von natürlichem Vanillin, welches nicht aus der Vanilleschote gewonnen worden ist, in der Spezifikation eines natürlichen Vanillearomas.

Des Weiteren erläutert DGCCRF u. a. folgende Punkte:

  • Die Begrifflichkeit Vanille steht für Schoten, die gemäß geeigneter Verfahren gewonnen wurden, d. h. schwarze Schoten. Zur Herstellung eines Standardvanilleextraktes (“extraits de vanille standard”) werden als Extraktionslösungsmittel nur Wasser, Ethanol und Isopropanol (sowie deren Mischungen) verwendet.
  • Die Verhältniszahlen der phenolischen Verbindungen (und Schwankungsbreiten ihrer Isotopenwerte) sind nicht mehr verbindlich. Gleichwohl werden Sie weiterhin als Referenzwerte im Fall von amtlichen Kontrollen herangezogen.
  • Des Weiteren bestätigen sie die Gültigkeit der Anforderungen gemäß SNPE “Code of Practice Vanillezucker und verwandte Produkte für den häuslichen Gebrauch (Code d’usage du SNPE “Arômes à flaveur de vanille à usage ménager”) und weisen darauf hin, dass die Rohstofflieferanten ihren Kunden die darin geforderten Informationen zur Verfügung stellen müssen, um mit dem SNPE übereinzustimmen.

8.2 Iso-Norm / Vanillingehalt

Der Vanillingehalt von Vanilleschoten aus Vanilla planifolia kann je nach Erntezeitpunkt (frühe Ernte) und Erntejahr sowie bedingt durch außergewöhnliche Witterungseinflüsse schwanken. Auch das Fermentationsverfahren hat Einfluss auf den Vanillingehalt. Der Vanillingehalt ist aber nicht der einzige Parameter für die Qualität von Vanilleschoten und der daraus hergestellten Vanilleextrakte. So spielen beispielsweise der Geschmack und das Aussehen für die Qualität eine entscheidende Rolle. Auch Verbraucher fokussieren sich bei Vanilleprodukten auf die sensorischen Eigenschaften. Analytische Parameter spielen bei Verbrauchererwartungen üblicherweise keine Rolle. Weiterführende Informationen finden Sie in unserem Positionspapier zur Zusammensetzung natürlicher Vanillearomen.

Die ISO-Norm (5565-2; 1999-12) geht bei Vanilleschoten aus V. planifolia von einem natürlichen Vanillingehalt von 1,6 % bis 2,4 % aus.

Der Vanillingehalt unterliegt witterungs- und erntebedingten natürlichen Schwankungen. So war dies z. B. bei der jüngsten „Vanillekrise“ in den Jahren 2014 bis 2018 der Fall, als bei V. planifolia nur geringe Vanillingehalte zwischen 0,9 und 1,4 % festgestellt wurden. Daher sagen Vanillingehalte allein nichts über die Qualität und Verwendbarkeit der Schoten aus.

Dieser Sachverhalt wird in einigen Mitgliedsstaaten inzwischen offiziell von behördlicher Seite anerkannt. So hat beispielsweise das österreichische Bundesministerium für Gesundheit 2013 die Änderung des Abs. 29 im Kapitel B 28 „Gewürze und Gewürzextrakte“ des österreichischen Lebensmittelbuches bekannt gegeben und den Mindestgehalt für Vanillin bis zur Fertigstellung der Neufassung des Kapitels B 28 „Gewürze und Gewürzextrakte“ ausgesetzt, da aufgrund der aktuellen Ernteberichte und Prognosen die Werte für Vanillin (Vanilla planifolia) nicht eingehalten werden konnten. In der aktuellen Fassung von 2017 ist im Kapitel B 28 „Kräuter und Gewürze“ kein Hinweis auf einen Mindestgehalt an Vanillin in der Vanilleschote enthalten.

In Frankreich hat die DGCCRF wie bereits oben erwähnt die NI aufgehoben.

8.3 Authentizität

Die Authentizität von Vanilleschoten und daraus hergestellten Erzeugnissen wird auch durch das Verhältnis spezifischer Komponenten bestimmt. Diese Verhältniszahlen stellen eine gute Möglichkeit dar, einen ersten Hinweis zur Authentizität von Vanilleschoten und (wässrig-ethanolischen) Vanille-Extrakten aus Vanilla planifolia zu erhalten. Die Verhältniszahlen können jedoch nicht verwendet werden bei Extrakten, die durch andere Verfahren (z. B. CO2-Extraktion) gewonnen wurden. Sie sind ebenfalls nicht geeignet eine Aussage zur Authentizität des Vanillebestandteils von natürlichen Vanille-Aromen gemäß Artikel 16 (4) der EG-Aromenverordnung zu treffen, da hier zum Beispiel die Verwendung von natürlichem Vanillin (aus Vanilleschoten im 95%-Teil oder biotechnologisch hergestelltes natürliches Vanillin zur Standardisierung im 5%-Teil) möglich ist bzw. andere als wässrig-ethanolischen Extrakte zum Einsatz kommen können.

Bei der Bestimmung der Verhältniszahlen von natürlichen Vanilleschoten sollten folgende Faktoren berücksichtigt werden:

  • Die Verhältniszahlen können je nach Erntejahr, Erntezeitpunkt, Provenienz schwanken.
  • In Milchprodukten haben Oxidationsreaktionen durch milcheigene Enzyme Einfluss auf das Verhältnis von Vanillin zu p-Hydroxybenzaldehyd. Auch bei Tiefkühllagerung von Milchprodukten wie Speiseeis findet die Oxidation statt, wenn auch wesentlich langsamer. Die Vernachlässigung der Oxidationsprodukte bei der Beurteilung kann sowohl zu falsch positiven als auch zu falsch negativen Schlussfolgerungen im Hinblick auf den Nachweis von natürlicher Vanille führen.

Zur Bestimmung der Authentizität einer Probe reicht die Bestimmung der Verhältniszahlen allein nicht aus. Eine Isotopenanalyse sollte zusätzlich erfolgen. Diese gilt bei Untersuchungsämtern mittlerweile als Routineuntersuchung bei der Authentizitätsbestimmung von Vanillin in Lebensmitteln. Ein Beispiel für eine Isotopenanalyse ist die delta13C-Bestimmung per IRMS.

Schwankungsbreiten der Konzentrationsverhältnisse von Vanillin zu seinen Begleitstoffen (in Vanilla planifolia)

Konzentrationsverhältnis Schwankungsbreite
Literatur [1][2]
Vanillin / p-Hydroxybenzaldehyd 9–28
Vanillin / p-Hydroxybenzoesäure 14–152
Vanillin / Vanillinsäure 4–29
p-Hydroxybenzoesäure /
p-Hydroxybenzaldehyd
0,14–1,4
Vanillinsäure / p-Hydroxybenzaldehyd 0,61–3,48

Fußnoten

[1] Mosandl A (2001) GC/IRMS-Multielementanalyse zur Authentitzitätsbewertung von Vanilleschoten; FEI-Bericht AiF-FV 12062 N vom 11.06.2001

[2] Scharrer A., Mosandl A (2001) Dt. Lebensmittel-Rundschau 97:449-456

Referenzen

  • Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit
  • Verordnung (EG) Nr. 1334/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über Aromen und bestimmte Lebensmittelzutaten mit Aromaeigenschaften zur Verwendung in und auf Lebensmitteln sowie zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1601/91 des Rates, der Verordnungen (EG) Nr. 2232/96 und (EG) Nr. 110/2008 und der Richtlinie 2000/13/EG
  • Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der Kommission, der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/EG der Kommission, der Richtlinie 2000/13/EG des europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 608/2004 der Kommission
  • Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
  • Stellungnahme Nr. 2013/36: Verkehrsbezeichnung von Aromen des Arbeitskreises Lebensmittelrechtlicher Sachverständiger (ALS) anlässlich der 102. Sitzung/September 2013
  • Stellungnahme Nr. 2012/29: Natürliche Aromastoffe des ALS vom 19./20. September 2012
  • Beschluss der 86. Arbeitstagung des Arbeitskreises der auf dem Gebiet der Lebensmittelhygiene und der Lebensmittel tierischer Herkunft tätigen Sachverständigen (ALTS) 2020/86/34: Einheitliche Beurteilung der Abbildung von Vanilleblüten, J Consum Pro Food Saf (2021)
  • Leitsätze für Puddinge, andere süße Desserts und verwandte Erzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuches in der Neufassung vom 26.03.2021 (BAnz AT 05.05.2021 B 2, GMBl 29/2021 S. 649-653)
  • Leitsätze für Speiseeis des Deutschen Lebensmittelbuches in der Neufassung 29.11.2016 (BAnz AT 19.12.2016 B4, GMBl 2016 S.1172)
  • BLL-Richtlinie für Vanille-Zucker und Vanillin-Zucker (Neuauflage 2007)
  • EFFA Guidance Document on the EC Regulation on Flavourings
  • EFFA Guidance Document for the Production of Natural Flavouring Substances and Flavouring Preparations in the EU
  • DVAI Positionspapier zur Zusammensetzung natürlicher Vanillearomen
  • DVAI Positionspapier zur Auslegung des Artikels 16 (4)
  • Kempe u. M. Kohnen: Deterioration of natural vanilla flavours in dairy products during processing. Adv. Food. Sci. Vol. 21, 48-53 (1999)
  • Mosandl u. H. Hener: GC/IRMS-Multielementanalyse zur Authentizitätsbewertung von Vanille(extrakten). Forschungsprojekt AiF-FV 12062 N der Forschungsstelle Universität Frankfurt und dem Verband der Deutschen Essenzenindustrie e.V., Bonn. Projektzeitraum 1999-2001
  • Mosandl A (2001) GC/IRMS-Multielementanalyse zur Authentitzitätsbewertung von Vanilleschoten; FEI-Bericht AiF-FV 12062 N vom 11.06.2001
  • Scharrer A., Mosandl A (2001) Dt. Lebensmittel-Rundschau 97:449-456
  • Anklam E, Gaglione S, Müller: A Oxidation behaviour of vanillin in dairy products Food Chem 60 (1), 43-51, (1997)
  • Littmann-Nienstedt u. D. Ehlers: Verfahren zur Beurteilung von Produkten mit Vanille oder Vanillearomen mit einer modifizierten Verhältniszahl. Deutsche Lebensmittel-Rundschau 101, 182-187 (2005)
  • M. Dörken, A. Höggemeier: Vanilla planifolia – Echte Vanille (Orchidaceae), Jahrb. Bochumer Bot. Ver. 5, 275-279, (2014)
  • Frenkel, A. S.Ranadive, J. T. Vázquez & D. Havkin-Frenkel (2011) Chapter 6 Curing of Vanilla, in: Havkin-Frenkel D & Belanger F C (2011) Handbook of Vanilla Science and Technology, Blackwell Publishing Ltd., ISBN: 978-1-405-19325-2
  • Bauer-Christoph, H. Hahn: Grundlagenpapier des Arbeitskreises Aromen und Aromastoffanalytik Sammlung von Regelungen zur Zulässigkeit der Abbildung von Früchten und Gewürzen beim Inverkehrbringen von Aromen und aromatisierten Lebensmitteln. Deutsche Lebensmittel-Rundschau 117, 165-173 (2021)
  • Durchführungsverordnung (EU) 2021/1405 der Kommission vom 20. August 2021 zur Eintragung eines Namens in das Register der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben („Vanille de l’île de La Réunion“ (g. g. A.))

Stand: 16.03.2022